Dissertation – Sebastian Fatmann
Seit der Anerkennung des Christentums mit der Konstantinischen Wende wurden die typologischen Grundformen katholischer Kirchenbauten über einen Zeitraum von etwa 1600 Jahren im Wesentlichen erhalten. Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts ist ein deutlicher Wandel dieser Typen zu erkennen, der durch liturgische Reformgedanken und neue Materialien bestimmt wurde.
Dieser Prozess typologischer Entwicklungen wird an gebauten Beispielen analysiert, die aus einer Hochphase des Kirchenbaus stammen: Nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg realisierten die rheinischen Baumeister Dominikus Böhm und Emil Steffann Architekturen, in denen sie ein tiefes Verständnis tradierter Bautypen zeigten und gleichzeitig moderne Aussagen zu Raum und Form trafen. Beide schrieben die Geschichte kontinuierlich weiter. Damit stellen ihre Bauten einen Gegensatz zur Idee der Klassischen Moderne dar, in der erstmals ein Bruch mit der Geschichte proklamiert wurde.
Meine Forschungsarbeit versucht die Möglichkeit einer kontinuierlichen Moderne zu beschreiben, in der das Potential wandelbarer Bautypen als Qualität erkannt wurde. In einem solchen typologischen Wandel sind die Erkenntnisse der Vergangenheit mit den Ideen der Gegenwart verknüpft.
Durch schriftliche und zeichnerische Auseinandersetzung sollen die vielfältigen Möglichkeiten einer Transformation der longitudinalen Typen Saal und Basilika am untersuchten Oeuvre aufgezeigt, und deren kultur- und sozialhistorisch bedingte architektonische Evolution beschrieben werden.
Trotz des deutlichen typologischen Wandels zeugen diese Kirchenbauten weiterhin von einer nachhaltigen ikonographischen Qualität, deren Ursache in der Robustheit und Resilienz des Typus liegt. Für eine kontinuierliche Moderne, in der eine humanistische Architektur erzeugt werden kann, ist die Ressource der Typologie eine Bedingung.