Dissertation – Sebastian Fatmann
Die typologischen Grundformen katholischer Kirchenbauten blieben seit der Anerkennung des Christentums über einen Zeitraum von etwa 1600 Jahren im Wesentlichen bestehen. Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts ist ein deutlicher Wandel dieser Typen zu erkennen, der durch liturgische Reformgedanken und neue Materialien bestimmt wurde.
Nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg realisierten die rheinischen Baumeister Dominikus Böhm und Emil Steffann Kirchenbauten, in denen sie jeweils ein tiefes Verständnis tradierter Bautypen zeigten und gleichzeitig moderne Aussagen zu Raum und Form trafen – sie schrieben die Geschichte kontinuierlich weiter. Damit stellen ihre Bauten einen Gegensatz zur Idee der Klassischen Moderne dar, in der ein Bruch mit der Geschichte proklamiert wurde.
Meine Forschungsarbeit versucht an 23 gebauten Beispielen Möglichkeiten einer kontinuierlichen Moderne zu beschreiben, in der das Potential wandelbarer Bautypen als Qualität erkannt und durch die Entwurfsmethode des typologischen Wandels genutzt wurde. Die vielfältigen Ausprägungen einer Transformation der longitudinalen Typen Saal und Basilika werden in dieser Dissertation erstmals mit einer vergleichenden schriftlichen und zeichnerischen Auseinandersetzung der Bauten aufgezeigt und führen zu einer systematischen Analyse der Entwurfsmuster Böhms und Steffanns.
Trotz des typologischen Wandels zeugen die analysierten Beispiele von einer ikonographischen Qualität. Deren Ursache liegt in der Resilienz und Beständigkeit des Typus. Darin bestätigt sich die These, dass die Ressource Typologie eine Bedingung für den Entwurf einer vielfältigen und kontinuierlichen Architektur ist.